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Interview der Woche mit Prof. Dr. Robert Cesnjevar: „Sein Tod macht mich unendlich traurig“

Zur Situation von schwerstkranken Kindern, die auf ein Spenderherz warten, sprachen wir mit Prof. Dr. med. Robert Cesnjevar, Leiter der Kinderherzchirurgischen Abteilung des Universitätsklinikums Erlangen und Mit-Initiator des Spendenprojekts „Ich lauf um dein Leben“.

Herr Prof. Dr. Cesnjevar, wir haben in Deutschland ja leider einen grundsätzlichen Mangel an Organspenden. Schwerstkranke Kinder und Jugendliche, die dringend ein Spenderherz benötigen, trifft dieser aber besonders hart. Was sind die Gründe dafür?

Prof. Dr. Robert Cesnjevar: Zunächst einmal vielen Dank dafür, dass sich mein Herzensverein 1. FCN mit diesem wichtigen Thema beschäftigt und auseinandersetzt. 

Der generelle Mangel an Organspenden ist für Deutschland sehr bedauerlich und die Gründe dafür sind bekannt. Das Thema ist in den Köpfen nicht aktiv präsent, da die Transplantation und Organspende ein sehr spezieller Randbereich der Medizin ist. Die letzte Entscheidung des Bundestags in Sachen Organspende gegen die sog. Widerspruchslösung im Januar 2020 hat seitens der Politik dazu geführt, dass es bei dieser unbefriedigenden Situation bleibt. Der Mangel an Organspenden trifft erwachsene Patienten hart und die wenigen betroffenen Kinder noch härter. Die Gründe für das Dilemma der Kinder sind vielfältig.

Zunächst einmal ist es ja sehr erfreulich, dass es nur wenige Kinder betrifft und die meisten Kinder gesund sind. Darüber hinaus bin ich als Vater eines Sohnes (auch Club-Fan!) sehr froh darüber, dass es auch nur sehr wenige kindliche Todesfälle in Deutschland gibt, also auch nur sehr wenige Personen als mögliche Spender überhaupt in Frage kommen. Nur würden wir uns als Ärzte wünschen, dass in allen Fällen, wo dies auch möglich ist, im Vorfeld an eine Transplantation gedacht wird. In Deutschland warten pro Jahr zwischen 30 und 40 Kinder auf eine Herztransplantation, die es bedauerlicherweise nur für wenige dieser Patienten auch wirklich geben wird. Die wenigen glücklichen Patienten, die in Deutschland transplantiert werden erhalten ihre Spenderorgane aus Ländern, in denen die Transplantationsrichtlinien besser und offener gestaltet sind. Zum Beispiel aus Spanien, Österreich oder Kroatien. Ich persönlich finde dies für ein hochentwickeltes und bevölkerungsreiches Land wie Deutschland sehr beschämend.

 

Nehmen Sie uns doch einmal mit auf die Station der Kinderherzchirurgie am Universitätsklinikum Erlangen. Wie viele Kinder warten momentan auf ein Spenderherz und wie lange warten die kleinen Patienten hier teilweise schon?

Prof. Dr. Robert Cesnjevar: Stationär warten aktuell keine Kinder bei uns auf eine Transplantation. Die meisten der betroffenen Kinder sind an Kunstherzen angeschlossen und nach Hause entlassen worden, damit sie trotz des Anschlusses an eine lebenserhaltende Maschine ein möglichst normales Leben führen können. Darüber hinaus gibt es noch zwei weitere Kinder, die medikamentös stabilisiert sind, so dass sie unter körperlicher Schonung zuhause auf ein Spenderherz warten können. Wir hatten zuletzt vier Kinder an Kunstherzsystemen angeschlossen, von denen drei noch weiterhin auf ein Herz warteten. Unsere kleinsten Patienten Lukas und Jakob sind mir dabei besonders ans Herz gewachsen. Mittlerweile ist Lukas im Alter von noch nicht einmal 2 Jahren nach über einem Jahr Wartezeit am Kunstherz verstorben. Sein Tod macht mich unendlich traurig, da er unter anderen Umständen, in einer normaleren Welt sicher schon nach einem halben Jahr ein Spenderorgan erhalten hätte.

 

Mit dem Spendenlauf „Ich lauf um Dein Leben“ sollen Kinder und Jugendliche unterstützt werden, die dringend ein Spenderherz benötigen. Warum sind Aktionen wie diese so wichtig?

Prof. Dr. Robert Cesnjevar: Ich wünsche mir vor allem eine breite Information der Bevölkerung und genügend Aufmerksamkeit für das Thema, damit es zu einer Lösung des Problems für unsere betroffenen Patienten und ihren Familien kommt. Die Bereitschaft zur Organspende muss einfach steigen. Im Übrigen gehen alle betroffenen Familien und Kinder großartig und bewundernswert mit dieser schwierigen Situation um. Man muss sich das nur einmal vorstellen, dass Dein geliebtes Kind jederzeit und plötzlich aus Deinem Leben verschwinden kann, nur weil ihm eine allseits bekannte und effektive Therapie nicht zur Verfügung gestellt werden kann. Die Familien brauchen in dieser Situation oft psychologische Unterstützung, die wir gerne zur Verfügung stellen, welche aber von den Kassen und Krankenhäusern nur unterfinanziert wird. Darüber hinaus benötigen die Familien für ihre Kinder am Kunstherz verschiedene Hilfsmittel, die in unserer Krankenkassenbürokratie erst nach dem Ausfüllen von hunderten Formularen zur Verfügung gestellt werden können. Die erleichterte Anschaffung solcher Hilfsmittel aus Spendengeldern wäre da sehr wünschenswert.

Ich danke dem 1.FCN ganz herzlich dafür, dass er sich dieses Themas annimmt und Hilfe leisten möchten. Ein weiterer Beweis für mich, wie schön es ist Teil dieser „Club-Familie“ zu sein.