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ClubBildung

Egal welche Hautfarbe, egal welche ethnische Zugehörigkeit, egal welcher Beruf: Auf dem Fußballplatz begegnet man sich auf Augenhöhe, es zählen in erster Linie der Sport und das Miteinander. Das Spiel auf dem grünen Rasen nimmt Berührungsängste, bietet ein Kennenlernen anderer Kulturen und ermöglicht einen Austausch mit Teamkolleg*innen unterschiedlichster Herkunft. Neben dem „Jenö Konrad-Cup – Fußball trifft auf Geschichte“ bietet der FCN „Clubverführungen“ an Orte mit Bezug zum Nationalsozialismus und FCN sowie Gedenkstättenfahrten nach Flossenbürg und Dachau sowie Lese- und Lernprojekte durch Kooperationen zu Bildungseinrichtungen.

Unsere Bildungsprojekte

Lesestunde mit Georg Margreitter

Anlässlich des Bundesweiten Vorlesetags wartete auf die fünften und sechsten Klassen der Dr.-Theo-Schöller-Mittelschule eine Überraschung. Georg Margreitter grüßte mit einer Videobotschaft und las eine Stelle aus dem Buch "Mandela & Nelson" von Hermann Schulz vor. Die Leseprobe ist aus dem Kapitel "Die erste Halbzeit: Staub, Schweiß und Begeisterung" und ist eines der letzten Abschnitte des Buches. Die Schüler*innen dürfen sich nun Gedanken über ein mögliches Ende der Geschichte machen.

Vielen Dank auch an den Carlsen Verlag für die problemlose Veröffentlichung der Lesestunde.

Interview der Woche mit Robert Claus

„Es gibt regelmäßig Beschimpfungen und angedeutete Bedrohungen“

Er klingt wie unser Trainer, hat aber einen völlig anderen Zugang zum Fußball gewählt: Robert Claus. Der gebürtige Rostocker, Jahrgang 1983, forscht, hält Vorträge und publiziert zu den Themen Fankulturen, Hooligans, Rechtsextremismus, Männlichkeiten, Soziale Bewegungen und Gewalt. Seit 2015 arbeitet er bei der »Kompetenzgruppe Fankulturen und Sport bezogene Soziale Arbeit« (KoFaS gGmbH). Am Mittwoch, 25.11., Beginn: 18:00 Uhr, diskutiert und liest er im Livestream aus seinem neuen Buch „Ihr Kampf. Wie Europas extreme Rechte für den Umsturz trainiert. Für UnserClub.de haben wir vorab mit Robert Claus gesprochen.

Wodurch wurde dein Perspektivwechsel - weg vom Fan, hin zum Wissenschaftler - ausgelöst? Schleichender Prozess oder einschneidendes Erlebnis?

Ein schleichender Prozess. Mein Fußballherz schlägt seit den 90er Jahren für den FC Hansa Rostock, später war ich sehr lange für den Berliner Verein Türkiyemspor ehrenamtlich aktiv. Beide verfolge ich bis heute intensiv. Parallel dazu habe ich mich im Studium immer mit den Themen Vielfalt, Antidiskriminierung und extreme Rechte beschäftigt. So kam eins zum anderen. Zudem arbeite ich ja nicht nur wissenschaftlich, sondern schreibe auch journalistisch – zum Beispiel das aktuelle Buch – und berate Sportorganisationen in den schon genannten Themen. Ich bin also hybrid unterwegs.

„Ihr Kampf“ ist nun dein zweites Buch im Kontext der Hooligan- und Kampfsportszene. Wie lange dauerte die Recherche dafür? Der Zugang ist häufig sicher nicht ganz einfach?

Da ich seit mehreren Jahren zu den Themen arbeite, kann ich den Zeitraum der Recherche gar nicht genau benennen. Geschrieben haben meine Gastautor*innen und ich an dem aktuellen Buch circa ein Jahr lang. Die Zugänge sind unterschiedlich: Die meisten Kampfsportevents sowie extrem rechte Demonstrationen sind öffentliche Veranstaltungen, sehr viel ist auch in den sozialen Medien zugänglich. Die Hooliganszene wiederum ist sehr verschlossen, was Interviews angeht. Und Neonazis zu ihren menschenfeindlichen Ideologien zu befragen, habe ich fachlich ausgeschlossen. Dafür gibt es genügend andere Quellen, die Zeitschriften der Szene zum Beispiel.

Du wählst auch in den sozialen Kanälen deutliche Worte, formulierst klare Statements zu aktuellen Geschehnissen. Wurdest du danach schon angefeindet und wenn ja, wie gehst du damit um?

Es gibt regelmäßig Beschimpfungen und angedeutete Bedrohungen wie „Bald wird abgerechnet.“ Allerdings musste ich bislang kaum konkrete Morddrohungen erleben, wie es anderen widerfahren ist. Wichtig sind natürlich ein fürsorglicher Freundeskreis und Kolleg*innen, die einen unterstützen. Darunter fallen auch dumme Sprüche, die die Laune aufhellen. Bei all diesen erschreckenden Gewaltthemen bleibt der Humor wichtig.

Neben deiner inzwischen zweiten Lesung „in“ Nürnberg, verbinden dich noch weitere Aktivitäten mit dem FCN. Wo liegen diese Verbindungen?

Zusammen mit Katharina Fritsch und Hannes Orth habe ich bereits an historischen Bildungsreisen an die Orte des nationalsozialistischen Mordes im heutigen Polen teilgenommen. Und ich durfte im vergangenen Sommer als Jurymitglied am Jenö Konrad-Cup mitwirken. Solche Projekte sind so wichtig, damit Sport und Fußball nie wieder zu willfährigen Wegbegleitern faschistischer Gewalt werden.

Interview der Woche: Clubverführer "Gegen das Vergessen"

Hi Leo. Seit gut einem Jahr bist Du ein Clubverführer. Wie und warum bist Du das geworden?

Auf das Thema „Märzfeld“ bin ich schon während meines Geschichtsstudiums gestoßen. Als dann ein Nachfolger für die erste Führung unter Günther Koch und Siegfried Kett gesucht wurde, habe ich direkt den Kontakt zum FCN gesucht. Mit meinen Erfahrungen im Bereich der NS-Erinnerungskultur habe ich ein eigens ausgearbeitetes Konzept für die Führung entwickelt und durfte übernehmen.

Du bietest die Clubverführung "Märzfeld - Gegen das Vergessen" an. Was ist das Verführende bei Deinen Führungen?

Die Bezeichnung „Verführend“ weckt zunächst falsche Assoziationen: Ich will mit meiner Führung ja darauf aufmerksam machen, welche Verbrechen gegen die Menschlichkeit am und um das Areal des Bahnhof Märzfeld durch die nationalsozialistische Ideologie begangen wurden. „Verführende“ Wirkung soll die Führung für die Teilnehmer*innen insofern haben, als dass sie sich künftig selbst aktiv gegen Rechtsextremismus positionieren: im Bekanntenkreis, im Umfeld des FCN, im Stadion, durch gesellschaftliches Engagement.

Auf den ersten Blick "verführst" Du ja mit keinem einfachen Thema. Wie kommen Deine Touren an?

Die Teilnehmer-Zahlen zeichnen ein positives Bild, ebenso das Feedback kurz nach der Führung (womit sich der gemeine Franke ja sonst eher in Sparsamkeit übt ;) ). Allgemein habe ich das Gefühl, dass das Gros der Teilnehmer*innen viel Vorwissen über die NS-Zeit besitzt. „Fachfremde“ Clubfans sind also umso willkommener!

Interview der Woche: „Halt dein Maul, du verdammte Schwuchtel“

„Halt dein Maul, du verdammte Schwuchtel“

Dieser Satz fiel in einer Erstliga-Partie der obersten Norwegischen Liga und war Auslöser für das umgehende Coming-out eines Schiedsrichters. „Unser Club“ hat beim offiziellen schwul-lesbischen Fanclub „Norisbengel“ mal nachgefragt.

Der norwegische FIFA-Schiedsrichters Tom Harald Hagen outete sich nach einem Spiel, das er selbst pfiff und in dem eine homophobe Beleidigung eines Spielers gegen den gegnerischen Trainer fiel, von der ihm erst im Nachgang berichtet wurde. Dass er seine Homosexualität nach diesem Vorfall öffentlich machte, bezeichnete er als ‚Gipfel der Ironie‘.

Wie habt ihr davon erfahren? Was waren eure ersten Reaktionen?

Wir haben wie fast alle aus den Medien davon erfahren. Wie erwartet, wurde daraus medial eine Sensation gemacht, auch wenn man sich hier wieder fragen müsste: "Was ist so sensationell an der sexuellen Orientierung eines Menschen?"
Nichtsdestotrotz war der Schritt selbstverständlich wünschenswert, dass ein weiterer Mensch, der in der Öffentlichkeit steht, frei leben und hoffentlich wertfrei lieben kann. Ohne eine Welle weiterer Profifußballer, welche sich bekennen, verpufft allerdings die Chance auf ein großes Stück Normalität.

Seht ihr Tom Harald Hagen als Vorbild? Weshalb gibt es eigentlich so wenige Vorbilder im Bereich des Profisports?

Jeder Mensch, der dazu steht, so zu sein, wer er oder sie ist, sollte als Vorbild gesehen werden. Es gibt immernoch zu viele Menschen, die sich verstecken müssen, weil sie Angst vor der Reaktion der Gesellschaft haben. Profisportler*innen brauchen Mut, wenn sie nicht der Mehrheit entsprechen, aber auch alle anderen, die in der Öffentlichkeit stehen. Kraft sollte man sich bei denen holen, die einem den Rücken stärken und sich dafür einsetzen. Davon wird es immer eine Vielzahl geben!
Noch kurz zu einem Punkt, der oft angebracht wird: Warum überhaupt outen? Ganz klar: Wer möchte sich schon verstellen und eine Person mimen, die er oder sie gar nicht ist...

Das Outing eines Protagonisten im Männer-Fußball schafft es immer noch in die Nachrichtensendungen der Welt. Wie lange wird es noch dauern, bis das keine Aufmerksamkeit mehr erregt?

Solange bis die "Sensation" nicht mehr sensationell ist. Kein Medium schreibt über "normale", alltägliche Dinge. Erst wenn dieser Punkt erreicht ist, verliert das Thema an Brisanz. Das wird allerdings noch etwas dauern und natürlich nicht eintreten, solange das Versteckspiel noch aufrecht erhalten wird.

Ist es eurer Meinung für Schiedsrichter leichter, sich zu outen? Oder ist das ein Vorurteil? 

Schiedsrichter stehen immer zwischen zwei Fanlagern. Eine gute Leistung wird erwartet, Fehler werden mit großen Emotionen wahrgenommen. Ein Spiel, in welchem ein Schiedsrichter nicht verbal angegriffen wird, ist nicht mehr vorstellbar. Klar ärgert man sich über kleinliche oder gar Fehlentscheidungen. Die meisten suchen jedoch dann eine Angriffsfläche, indem sie den Unparteiischen persönlich angehen, um ihrem Ärger Luft zu machen. Und die Sprüche, die kämen, wenn ein Schiedsrichter in der Bundesliga offen homosexuell wäre, klingen mir leider jetzt schon in den Ohren... für viele gehört z.b. "Schwuchtel" zum ganz normalen Stadionvokabular.

Tom Harald Hagen sagte, er habe sich gar keine anderen Reaktionen als positive vorstellen können. Habt ihr dazu Reaktionen in eurer Community mitbekommen?

Die Reaktionen in der Community sind natürlich positiv. Es wird für einen wünschenswerten Schritt gehalten. Die Aussage, er habe sich gar keine anderen Reaktionen als positive vorstellen können, ist sehr bemerkenswert. Diskriminierung gibt es leider noch nahezu überall. Es ist ihm sehr zu wünschen, dass seine Vorstellung real wird und die negativen Stimmen stumm bleiben!

Was müsste sich nach eurer Meinung in den Strukturen innerhalb des deutschen Profifußballs verändern, damit Homosexualität keine Schlagzeilen mehr wert ist? Ist Norwegen in diesem Prozess vielleicht schon weiter?

Über die letzten Jahre haben sich die Strukturen allgemein schon etwas verbessert, was an vielen Organisationen liegt, die sich für Akzeptanz einsetzen. Zum Beispiel "Queer Football Fanclubs", ein Netzwerk bestehend aus vielen schwul-lesbischen Fanclubs aus In- und Ausland, stehen in engem Dialog mit DFB und DFL und tragen zu der Vielfalt bei, für die geworben wird und welche sich bis in die Vereine zieht.
Es ist schwer, als Außenstehender zu sagen, welche Strukturen sich im Einzelnen verbessern müssten und wie hier der Unterschied zwischen Deutschland und Norwegen aussieht. Unser Fanclub setzt an der Fanszene an und nutzt die Zusammenarbeit mit dem FCN, um Aktionen zu starten, die auf dieses Thema aufmerksam machen und so mehr und mehr Akzeptanz zu schaffen. Für Diskriminierung gibt es kein einziges sinnvolles Argument!